PainMonit

Das Analysieren von Schmerzempfinden ist in zahlreichen medizinischen Anwendungen von hoher Bedeutung. Beispielsweise können Schmerzen, oder gerade die Schmerzgrenze, bei physiotherapeutischen Behandlungen nicht nur über den Ablauf oder das Resultat der Behandlung entscheiden, sondern von Beginn an den Aufbau und die Zusammenstellung der Übungen prägen. Die quantitative Beurteilung des eigenen Schmerzes beruht traditionell auf einer Selbsteinschätzung mit Fragebögen. Bei Patienten, die nicht in der Lage sind, ihren Schmerz (objektiv) zu kommunizieren, kommt diese Methode jedoch nicht infrage.

In Zusammenarbeit mit Prof. Kerstin Lüdtke (Physiotherapie, Universität zu Lübeck) entwickelt das Institut für medizinische Informatik (IMI) eine lernbasierte Mustererkennungsplattform, die den aktuellen Schmerzgrad anhand von Daten multipler, tragbarer Sensoren automatisch bestimmen soll. Die Datenakquisition wird dabei mit mehreren Geräten durchgeführt. Schmerzen werden durch Hitze mittels einer Thermode, CHEPS (Contact Heat-Evoked Potential Stimulator), am Unterarm des nicht dominanten Arms der StudienteilnehmerInnen induziert. Während des Experiments sind die TeilnehmerInnen dazu aufgefordert, kontinuierlich ihren empfundenen Schmerzgrad mittels einer CoVAS (Computerised Visual Analogue Scale) anzugeben. Um die körperliche Reaktion von Menschen unter Schmerzen aufzunehmen, zeichnen zwei Wearables (Empatica E4 und RespiBan) unterschiedlichste physiologische Merkmale (wie z.B. BVP, EDA, EMG, ECG) während des Tests auf. Die Daten aus Wearables, CoVAS und Thermode werden synchronisiert und bezüglich der Abtastrate angeglichen.

Zur Klassifizierung von Schmerz vs. kein Schmerz (also bei einem 2-Klassen-Problem) wird momentan ein Random Forest-Verfahren basierend auf manuell definierten Merkmalen genutzt. Zusätzlich werden verschiedene Deep Learning-Ansätze zum automatischen Lernen anhand der Rohdaten evaluiert. In der ersten Pilotstudie mit einem Datensatz von 10 gesunden Probanden und einem manuell definierten Merkmalsraum (Feature Engineering) erzielte das IMI bei diesem 2-Klassen-Problem eine Klassifikationsrate von 76%. In den nächsten Monaten wird das Institut das Volumen der verfügbaren Trainingsdaten deutlich vergrößern, so dass eine signifikante Verbesserung der Robustheit des Klassifikators zu erwarten ist und zusätzliche Schmerzklassen hinzugefügt werden können. Ein wichtiger Aspekt der Forschung in diesem Bereich besteht darin, solche Machine Learning-Verfahren für die Lösung des Problems zu entwickeln, die neue Erkenntnisse über die physiologischen und behavioralen Marker für Schmerz liefern.